Jeden Tag eine gute Tat
Pfadfinder: Vor 100 Jahren veranstaltet ein Brite das erste Jugendzeltlager
Was haben der US-Astronaut Neil Annstrong, der als erster Mensch den Mond betrat, die Harry-Potter-Erfinderin Joanne K. Rowling, der Microsoft-Gründer Bill Gates, die britische Königin Elizabeth II., Fußballstar David Beckham, Showmaster Thomas Gottschalk, NRW-Ministerpräsident Jürgen Rüttgers und der Musiker Herbert Grönemeyer gemeinsam? Sie alle waren in ihrer Jugend bei den Pfadfindern. Sie alle gaben feierlich das Versprechen ab, ihren Mitmenschen jederzeit zu helfen. Und sie alle sollten auch heute noch dem Grundsatz folgen, jeden Tag eine gute Tat zu vollbringen.
Die Erfolgsgeschichte der Pfadfinderbewegung begann vor 100 Jahren. Der britische Sir Robert Stephenson Sniyth Lord Baden-Powell veranstaltete vom 25. Juli bis zum 9. August 1907 mit 22 Jungen aus allen sozialen Schichten auf Brownsea Island das erste Jugendzeltlager. Da saßen der Sohn eines Ministers und der Sohn seines Pförtners, so wurde später berichtet, zusammen an einem Lagerfeuer und grillten Würstchen. Nicht jeder Zeitgenosse des pensionierten Generalmajors war begeistert von so viel demokratischer Gesinnung…
Der damals 50-Jährige, der während der Burenkriege in Afrika nach eigenen Aussagen trotz seines Einsatzes für sein Vaterland nur noch Verachtung für den Krieg gelernt hatte, erfüllte sich mit diesem Zeltlager einen Lebenstraum. Er war jahrzehntelang selbst als „Scout“ von seiner Einheit vorgeschickt worden, um Fährten zu lesen und fremdes Gelände auszuspähen. Seine Erfahrungen aus dem Krieg, seine Eindrücke aus den Armenvierteln in Indien, seine Neugier und seine Begeisterung für die Natur weckten in ihm die Idee, eine Jugendtruppe aufzubauen, die verantwortungsvoll miteinander umging und sich mit der Natur beschäftigte.
Schon bei diesem ersten Zeltlager stellte Baden-Powell Grundsätze auf, die noch heute gelten. So teilte er die 22 Jungen in Patrouillen zu fünf Mann auf in der jeweils der Älteste die Verantwortung übernahm. „B. P.“‚ so sein Spitzname bei den Scouts legte zwar Wert auf Gehorsam, setzte aber darauf, dass er die Jungen durch sein gutes Beispiel überzeugen konnte — Strafen gab es nicht. Baden-Powell hegte auch große Bewunderung für die Ritterlichkeit längst vergangener Zeiten — als Schutzpatron wählte er im Jahr 1909 deshalb den Heiligen St. Georg, der auch als berühmter Ritter galt. Die Scouts blieben auch nicht lange eine Domäne der Jungen — schon bei einem Treffen im Jahr 1909 in London stand Baden-Powell plötzlich vor einer Gruppe von Mädchen in Pfadfindertracht, die ihm keck erklärten: „Wir sind Girl Scouts!“ Der Überrümpelte war begeistert, berichteten seine Biografen.
Noch heute zielt die weltumspannende Pfadfinderbewegung vor allem auf die „Selbsterziehung“ eines jungen Menschen. In Deutschland gibt es mehrere, zum Teil konfessionell gebundene Verbände. Rainer Jungbluth vom Deutschen Pfadfinderverband mit Sitz in Köln räumt im Gespräch mit unserer Zeitung „selbstkritisch“ ein, dass es nicht gelinge, alle sozialen Schichten gleichermaßen zu erreichen, und dass die Pfadfinder deshalb „eher aus geordneten Lebenssituationen“ kämen. Man biete zwar häufiger Projekte für „Problemkinder“ an, die normale Gruppenarbeit binde aber eher „Mittelschichtkinder“ ein. Die Konkurrenz zu modernen Freizeitangeboten und zum Computer schlägt sich laut Jungbluth nicht negativ wieder, im Gegenteil: „Bei den Kindern und ihren Eltern wächst das Bewusstsein für die Aktivitäten und Inhalte der Pfadfinder“, freut sich Jungbluth.
Quelle: Dorle Neumann, Westfälische Nachrichten, Panorama Seite 2, vom 21.7.2007
Zeitungsbericht
Weitere Infos:
- Baden-Powell (Scout-o-wiki)
- Pfadfindergesetz der DPSG
- Pfadfindergesetz (Scout-o-wiki)
- Liste berühmter Pfadfinder (Scout-o-wiki)
- Deutscher Pfadfinderverband e. V. (Dachverband für Nicht-WOSM-Pfadfinderverbände)